le rime dolenti



Konzerte:

18. Mai 2004
Stiftsbibliothek
Kloster St. Gallen 
 
 

Der italienische Dichter Francesco Petrarca - geboren im Jahre 1304 in Arezzo, gest. 1374 in Arquà - regte wie kein anderer seines Standes die Musiker aller Zeiten durch seine Zeilen zu meisterhaften Vertonungen an. Die Komponisten fanden in seinen Gedichten, die der heimlich verehrten Donna Laura zur Unsterblichkeit verhalfen, jene ideale Verbindung von zarter Melancholie und verhaltener Leidenschaft, die ihrem romantischen Liebesideal entsprachen. So dürfte Petrarcas Canzoniere wohl eines der berühmtesten literarischen Werke der italienischen Renaissance sein und keiner der namhaften Komponisten des 16. Jahr-hunderts ver-säumte es, sich jene "rime" zur Grundlage einiger seiner Madrigal-kompo-sitionen zu machen. 

Das Programm Le rime dolenti umfasst Vertonungen der bedeutendsten Komponisten des 16. Jahrhunderts, denen Petrarcas Texte zu Grund liegen. An vorderster Stelle stehen hierbei die beiden in Venedig wirkenden Niederländer Adrian Willaert und Cipriano de Rore. In ihren Vertonungen der Gedichte Petrarcas entwickelten sie einen für die nachfolgenden Generationen verbindlichen Madrigalstil. Ausschlaggebend für die Wiederentdeckung Petrarcas im 16. Jahrhundert war der Hof der Este im norditalienischen Ferrara, insbesondere Isabella díEste, die Herzogin von Mantua.  Ihrer Vorliebe für den "poetus laureatus" ist es zu Verdanken, dass sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts  zahlreiche Komponisten erstmals der Gedichte Petrarcas annahmen. So erklärt es sich leicht, dass Cipriano de Rore (1516-1565), der von 1547 bis 1458 als Kapellmeister von Ercole II. díEste in Ferrara beschäftigt war, sein Drittes Madrigalbuch von  1548 fast ausschließlich Vertonungen der Gedichte Petrarcas widmet. 

Auch Adrian Willaert (1490-1562), de Rores Vorgänger im Amt des Kapellmeisters am Marcusdom in Venedig, stand von1522 bis 1525 im Dienste des kunstliebenden Hofes des Herzogs Alfonso I. díEste (1486-1534). Es sollte sich zeigen, dass es eine überaus fruchtbare Verbindung war, denn bis zum Ende seines Lebens hat Willaert Verbindung zum estenischen Hof unterhalten: Noch im Todesjahr hat Alfonso II. Willaert in Venedig aufgesucht. Ihm hat er auch seine Madrigal- und Motettensammlung Musica Nova des Jahres 1559 zugeeignet. Alle in diesem Druck enthaltenen Madrigale sind Kompositionen über Gedichte aus Petrarcas Canzoniere.
 

Das Konzert kann lediglich einen kleinen Überblick geben über die Fülle der Komponisten, die sich Petrarcas Lyrik angenommen hat. Dass diese zum großen Teil in Norditalien angesiedelt sind, ist kein Zufall. Eine Ausnahme stellt der Sizilianische Komponist Pietro Vinci (1540-1584) dar. Sein Primo libro di Madrigali a quinque voci aus dem Jahre 1561 enthält ebenfalls zum allergrößten Teil Petrarca-Vertonungen, darunter auch die groß angelegte achtteilige Canzone 268 Che debbo far, che mi consigli, deren erster Teil ins Programm aufgenommen wurde.

Letzte Änderung: 04.04.2004
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